In der Warteschlaufe in Südostbayern!

Bei bedecktem Himmel schwingen wir uns am späten Vormittag aufs Fahrrad und radeln auf dem abwechslungsreichen Rottalradweg von Bad Birnbach nach Pfarrkirchen, das am heutigen Feiertag wie ausgestorben ist. Wir entschliessen uns, nach dem Stärkungstrunk noch weiter bis Eggenfelden zu pedalen und von dort zurück nach Bad Birnbach die Südostbayerische Bahn zu nehmen. Dieser Abschnitt zeigt sich uns als eine extreme Naturlandschaft entlang dem Fluss und des Rottauensees. Von weitem sind gar immer wieder Wildgänse zu sehen, die offenbar den Süden ebenfalls hinter sich gelassen haben. Inzwischen hat sich der trüb beginnende Tag zum prächtigen Sonnentag entwickelt. Aus dem Zug erblicken wir auf dem Feld zu unserer Freude außerdem einen Fasan. Solch ein Tier haben wir, seit unserer Familienreise vor Jahren nach Wien nicht mehr gesehen in freier Natur.

Wieder in Bad Birnbach wollen wir uns anschauen, wie es um den Maibaum steht, oder besser: steht er überhaupt? Und siehe da, unser Kontrollgang hat sich gelohnt. Inmitten des vollbesetzten Festplatzes steht er aufrecht in seiner vollen Grösse und ist bereit für das Maibaumkraxeln. Dieses Schauspiel verlangt zwar wiederum etliche Geduld vom wartenden Publikum. Ich nehme mich zusammen und harre letztlich ebenfalls aus .... Was wir dann zu sehen bekommen ist absolut zirkusreif. Wie die Affen erklettern die vier Männer und eine Frau den Baumstamm. Mit Kribbeln im Bauch sind alle Blicke auf die waghalsigen Tiroler-Bergkraxler gerichtet. Keine Wunder mussten wir so lange warten, denn ihr Auftritt galt kurz vorher dem Fernsehen. Nach der Zusatznummer, wo eine Festbank mit nach oben gehieft wird, um zum Schluss darauf zwei gereichte Bierhumpen auszutrinken, leert sich der Festplatz bald. S is e Wahnsinn gwese!!

 

In Anbetracht unseres abzuwartenden Termins für die „Gaskorrektur“, verweilen wir weiterhin in der naturnahen Bayern-Region und fahren nach Altötting auf den Stellplatz. Dort zapfen wir den Strom an, da es sonst in unserem Heim abscheulich nach Abgas riecht. Der Platz liegt perfekt, mit kurzer Distanz zum Zentrum des Ortes, dem Kapellplatz. Wir lernen ihn bei strahlendem Sonnenschein kennen. Bald schon realisieren wir, dass wir ohne unser Wissen im weltbekannten Wallfahrtsort gelandet sind. Die kompetente Dame in der Touristeninformation klärt uns auf, dass es sich um ein spezielles Wallfahrts-Wochenende handelt. Der Grund für einige tausend Personen, um nach Altötting zu pilgern. Interessant, wo uns die Wege hinführen bloß weil sich verschmutztes Gas in unserem Tank befindet!

 

Das Regenwetter stellt sich bereits wie angekündigt in der Nacht ein und es bleibt den ganzen Tag beim konstanten Nieselregen. Auf dem Parkplatz reiht sich seit dem frühen Morgen Car an Car, darunter finden sich auch Kennzeichen aus Polen und Ungarn. Die Wallfahrtspassagiere strömen mit Regenschirm ausgerüstet zum Kapellplatz. In der Gnadenkapelle erhoffen sie sich für ihre Nöte und Sorgen Hilfe von der Gottesmutter Maria, der schwarzen Madonna von Altötting. An den Aussenwänden und im Innern der Kapelle sind unzählige Votivtafeln zu finden, die aus Dankbarkeit für die von Maria erbrachten Wunder angebracht wurden.

Altötting wird auch das Herz Bayerns genannt, denn in der Gnadenkapelle sind die Herzen von Kaiser, Königen, Kurfürsten, Fürstinnen und Bischöfen in silbernen Urnen, in Mauernischen aufgestellt oder unter dem Pflasterboden bestattet. Diese und viele andere interessante Geschichten hören wir auf der Stadtführung von einem echten Altöttinger-Papa. Dem unfreundlichen Regenwetter zum Trotz lauschen wir gespannt, was er  mit Herzblut und nicht ohne Stolz von seinem Heimatort zu berichten weiss.

Munteres Treiben spielt sich am Abend vor unserem Heimetli ab, die Meisten der Ein- und Aussteigenden bemerken gar nicht, dass wir sie vom Nachtessen-Tisch aus beobachten! So richtig ruhig wird es auf dem Platz erst spät in der Nacht.

 

Mit dem neuen Wochenstart kehrt auch das sonnige Wetter zurück, schade für die vielen Besucher am Samstag, denen dies vergönnt war. Bevor wir weiterreisen nach Burghausen, wollen wir die Neue Schatzkammer im Haus Papst Benedikt noch besuchen. Es wäre ein Kapitalfehler gewesen, hätten wir dies unterlassen. Die gesamte Ausstellung der wertvollen Schätze und Funde ist für den Besucher äusserst ansprechend dokumentiert. Später ist es im kleinen Café-Gärtli Zeit für eine Weisswurst und ein Weizen. Mit einem Ehepaar, das sich in Töffmontur zu uns an den Tisch setzt,  sind wir bald in spannende Reisegespräche vertieft. Die Weiterreise ist aber dennoch fällig, wollen wir in Burghausen auf dem Stellplatz auch eine Steckdose ergattern. Kein Problem, denn es sind mehr Stromanschlüsse vorhanden als im Internet angegeben. Unser Carthago-Nachbar entpuppt sich rasch als redseliger Nachbar. So tauschen wir beim Apero in der abendlichen Sonne Carthago- und andere Erfahrungen aus. Unsere missliche Gaserfahrung wird jedenfalls ihn und seinen Kollegen vor einem ähnlichen Erlebnis schützen. Sie werden sich aufgrund unserer Schilderungen den nötigen Betankungsfilter besorgen.

 

Seit Erhalt unserer Gas-Hiobsbotschaft beim Carthago-Händler in Wurmannsquick, stecken wir also fest in der Warteschlaufe. Hier in Burghausen mit der weltlängsten Burg fühlen wir uns bald schon zu Hause und auch ein wenig als „Platzhirsche“! Die Nachbarn wechseln täglich, im späten Nachmittag kommen sie, am nächsten Morgen fahren sie weiter und wir stehen erneut mutterseelenallein auf dem Stellplatz. Im Grunde spielt es für uns keine so wesentliche Rolle ob wir hier oder wo anders stehen, unser zu Hause ist bekanntlich überall. Wie kommt man sonst täglich zu neuen Nachbarn? Die einen würde man gerne noch etwas länger um sich haben, wie z.B. das liebenswerte Österreicher-Ehepaar aus Kitzbühl. Bei anderen wiederum ist man froh ziehen sie am nächsten Tag weiter. So erlebten wir es bei der Zigeunersippe, die allerdings das Feld mit polizeilicher Hilfe räumen MUSSTE!

Einzig der Umstand, dass wir nicht ganz aus freien Stücken länger in der Region verbleiben müssen, schränkt uns in den sonst freiheits-gewohnten Entscheidungen etwas ein ....

Die naturnahe Umgebung ist für unsere Situation ideal für die Bewegung auf dem Fahrrad oder zu Fuss. Die Radwege in der Gegend sind fast unendlich und sehr vorbildlich. Da erstaunen die vielen Radler und Radlerinnen jeder Altersklasse wenig, die hier unterwegs sind.

 

Die schmucke Altstadt liegt an der Salzach und auf der Brücke ist die Grenze zu Österreich. Salzburg liegt nur ca. 56 km entfernt von Burghausen. Eine Galeristin, mit der wir uns im Restaurantgärtli in der Altstadt angeregt unterhalten empfiehlt uns, die Burgkette von der österreichischen Seite aus zu fotografieren. Der schönste Anblick biete sich von dort, was wir anschliessend nur bestätigen können. Der prächtigste Kloster-Gasthof Bayerns ist übrigens in Raitenhaslach. Von Burghausen entlang der Salzach ist er in einer knappen Stunde erreichbar. Sein Besuch wird kaum je bereut werden - auch kulinarisch nicht. Die herrschaftliche Gaststube mit seiner gewölbten Decke ist ein wahres Juwel, wo man sich gerne niederlässt. Anderntags gibt’s die ausgedehnte Fahrradtour durch Wald, Feld, an der immensen Wacker-Chemieindustrie vorbei ins Naturreservat am Inn. Die unermüdlichen Kuckucksrufe sind dabei immer mit von der Partie. Der Rückweg führt uns durch Marktl, wo das Geburtshaus von Papst Benedikt steht. Ein kleiner Ort, der ca. 12 km von Burghausen entfernt liegt und vermutlich noch immer vor sich hin schlummern würde, wäre da nicht der Herr Joseph Ratzinger nach Rom bestellt worden!

An Tagen wo die Outdoor-Aktivitäten infolge zu viel Nass eingeschränkt sind, holen wir uns die Südseestimmung vom letzten Herbst, mit den Foto-Erinnerungen in die gute Stube!

 

Dann ist soweit, nein nicht der Reparaturtermin sondern unsere örtliche Veränderung! Nach neun Tagen hier in Burghausen gelüstet uns nach einer anderen Umgebung, und ausserdem ist wieder Wäschewaschenzeit. Von Bayer-Camper in Wurmannsquick haben wir für den Strandcamping am Waginger-See einen Gutschein erhalten, von welchem wir profitieren wollen. Der Platz ist erste Sahne und ideal für das Waschvorhaben. Beim Erkunden des Platzes, bevor wir nach der Mittagspause einchecken können, spricht uns ein Campinggast an: Sie sind sicher die Schweizer mit dem Carthago, der vorne bei der Anmeldung abgestellt ist?? Ja die CHer mit Carthago sind scheinbar voll unter Kontrolle!! Unsere Adresse für mindestens die nächsten zwei Tage ist die Konradstrasse 29. Wir sind voller Begeisterung für den absolut professionellen, gepflegten Platz obwohl - in der Hochsaison mögen wir uns die Bilder allerdings nicht vorstellen, die sich hier abspielen. Die Idylle am Waginger See ist wirklich Bilderbuch mässig, leider bleibt  das Wetter in unserem Fall etwas auf der Strecke.

Überraschung! Unsere Nachfrage bei Bayer-Camper ergibt, dass wir am 19.5. um 08.00 Uhr zu unserem Reparaturtermin erwartet werden. Puaahh, da heisst es mal wieder richtig früh Tagwache!!

 

Mein Waschtag nimmt mich voll in Anspruch und ich weiss es zu schätzen, dass ich meine unzähligen Gänge zur Wasch- und Trockenmaschine durchwegs im Trockenen gehen kann. Der angesagte Dauerregen hat glücklicherweise nicht am Waginger See stattgefunden.

 

In Anbetracht unseres Termins am frühen Montagmorgen, wollen wir am nächsten Tag nach Altötting auf den Stellplatz zurück. Von dort sind wir in einer knappen halben Stunde bei Bayern-Camper in Wurmannsquick.

 

Und erstens kommt es anders und zweitens als man/frau denkt! Am Freitagnachmittag teilt uns der Werkstattleiter nämlich die Hiobsbotschaft mit, dass sie in der Werkstatt einen Arbeitsunfall hatten mit just dem Mitarbeiter, der unsere Reparatur hätte ausführen müssen. Bingo, Termin muss verschoben werden, einstweilen auf den Mittwoch ....  Die A...karte hat sich einmal mehr bei uns platziert, wer weiss wofür es gut ist!!

Damit die Nerven auch sicher auf Trab bleiben, gestaltet sich das Hinstellen zwischen den Bäumen auf dem Stellplatz in Altötting ziemlich knifflig für die Satellitenschüssel. Nachdem das Wetter auch übers Wochenende eher unfreundlich nass zu erwarten ist, möchten wir auf das Fernsehen aber ungern verzichten. In Ausdauer haben wir schliesslich Übung und der vierte Versuch ist erfolgreich, immerhin! So harren wir der Dinge weiter, die hoffentlich am nächsten Mittwoch gut kommen!

 

Bis bald, die nächste Sequenz wird voraussichtlich eher wieder unser Zugvogel-Dasein wiederspiegeln - bleibt frisch und hebed Sorg!